Uri Geller bei Stern TV (3): Interview mit Wolfgang Hund.

22.02.2004 (GWUP) - Am 28. Januar 2004 war Uri Geller bei Stern TV zu Gast. Der 57jährige ist wohl eher der älteren Generation ein Begriff, und die wird eine Art „Dejá vu“-Erlebnis gehabt haben. Wir nahmen die Gelegenheit wahr, Wolfgang Hund („Hundini“) - Lehrerausbilder und Zauberkünstler - einige Fragen zu stellen.

 

GWUP: Herr Hund, ist Uri Geller ein Mensch mit paranormalen Fähigkeiten?

Hund: Er behauptete es wenigstens, wobei er bei „Stern TV“ offen ließ, ob dies der Fall ist. Für mich ist es eine Sache der Fairness, dass derjenige, der eine Behauptung aufstellt, auch den Beweis dafür auf den Tisch legt. Und je außergewöhnlich eine Behauptung ist, desto außergewöhnlicher muss auch der Beweis dafür sein! Bisher gibt es keine überzeugenden Belege dafür, dass Uri Geller oder sonst jemand über Kräfte verfügt, die nicht mit Zaubertricks, Psychologie und Physik erklärt werden könnten. Dass man nicht jedes seiner „Phänomene“ erklären kann, heißt ja nichts – das kann ein durchschnittlicher Zuschauer bei einer Zaubershow ja auch nicht. Uri Geller hat sich mehr und mehr vor Veranstaltungen gedrückt, bei denen die eigentlichen Fachleute für Trickbetrug anwesend sind, nämlich versierte Zauberkünstler. Das allein spricht eigentlich Bände und sollte dem Normalbürger zu denken geben. Auch um den von James Randi ausgelobten Preis in Höhe von einer Million Dollar für den Nachweis von echten paranormalen Fähigkeiten unter kontrollierten Bedingungen hat sich Geller nicht beworben. Wäre doch leicht verdientes Geld, das er ja für wohltätige Zwecke spenden könnte. Außerdem konnten bislang alle angeblich paranormalen Vorgänge von Uri Geller von Trickzauberern nachgemacht werden. Zum Teil noch dazu unter verschärften Bedingungen.



GWUP: Wie erklären Sie sich, dass sich die Löffel der Zuschauer im Fernsehstudio verbogen haben oder bei den Zuschauern zuhause sogar vom Fernseher sprangen?
Hund: Das sind zwei völlig verschiedene Aspekte mit vielen durchaus natürlichen Erklärungen:

  • Die Zuschauerlöffel im Studio verbogen sich analog zum später vorgeführten Partygag "Stuhlheben": Die Aufmerksamkeit wurde durch das "paranormale Drumherum" völlig fokussiert auf den Moment des Biegens (bzw. später des Hochhebens). Das heißt, dass die Zuschauer auf "Eins - zwei - drei" mehr Kraft beim Biegen einsetzten, als sie selbst wahrnahmen! Die Verblüffung hinterher war durchaus echt (es sind also keine eingeweihten Zuschauer nötig). Das können selbst Kinder mit nicht zu dicken Löffeln.
  • Die Löffel bei den Fernsehzuschauern: Zum einen herrscht hier wieder das Gesetz der großen Zahl. Auch in jetzigen Moment liegen in zahllosen deutschen Küchenschubladen zahllose mehr oder weniger verbogene Besteckteile. Nur: Man merkt das im Alltag höchstens unbewusst und verbiegt beim Essen automatisch, ohne darüber nach zu denken, die Gabel wieder so, dass die gewohnte Handhabung gewährleistet ist. Wenn man dagegen bewusst danach sucht, findet man das dann auch. Erst letztens erhielt ich bei der Hochzeit unseres Sohnes eine Auswahl von Löffeln zum Verbiegen. Einer davon war eindeutig schon früher mal kräftig mehrmals gebogen worden. Wer das wann zu welchem Anlass gemacht hat, war nicht mehr zu eruieren.

Es bietet sich hier der Vergleich zum "Phänomen der zerkratzten Windschutzscheiben" in Seattle an, das Paul Watzlawick in seinem Buch "Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wahn - Täuschung - Verstehen" (2003) so eindrucksvoll geschildert hat. Auch damals war die Rolle der Massenmedien bedeutsam, die eingeschränkte (selektive) Wahrnehmung, das Betrachten eines "Phänomens" unter einem anderen Blickwinkel und absurde Hypothesen sowie eine richtige Massenhysterie die Folge.

GWUP: Und die hüpfende Löffel bei den Zuschauern?
Hund: Bezüglich des "Runterhüpfens" der Löffel vom Fernsehapparat fallen mir natürlich sofort auch Wichtigtuer ein (die es nun mal gibt!), die auch mal ins Fernsehen wollen. Gehört habe ich auch von Fällen, bei denen der Lautsprecher des Fernsehers beim Lautstellen so stark vibrierte, dass Gegenstände darauf runter gerutscht seien. Auch vorbeifahrende Lastwagen können wohl starke Vibrationen erzeugen. Aber "Rutschen" (noch dazu von einem gewölbten TV-Gerät wie bei mir) ist etwas anderes als "Hüpfen", noch dazu "in hohem Bogen". Neben der subjektiven Interpretation dieses Vorgehens (was beim einen ... ist, ist beim anderen ...) halte ich das vorläufig mal für Anekdoten, die man glauben kann oder auch nicht. Beweispflichtig ist nun mal immer der, der so etwas Außergewöhnliches behauptet!

GWUP: Selbst wenn Zauberer die Tricks von Uri Geller nachmachen konnten, beweist die Existenz von künstlichen Rosen nicht, dass es keine echten gibt!
Hund: Ich halte das für ein "Totschlagargument"! Umgekehrt gilt doch wohl auch: Wenn namhafte Zauberkünstler unter den gleichen Bedingungen (oder sogar noch verschärften!) die gleichen Effekte wie Geller (oder sogar noch erstaunlichere!) hervorrufen können, besteht doch wohl wenig Anlass anzunehmen, dass das bisherige Weltbild überholt ist. Hierfür müssten schon überzeugendere Argumente angeführt werden. Nochmals: Wer etwas so Gravierendes behauptet, ist beweispflichtig für die Echtheit seiner Behauptung. Nicht Skeptiker müssen beweisen, dass Uri Geller trickst, sondern er müsste Beweise dafür liefern, dass es sich nicht nur um Trickzauberei handelt. Ich kann schließlich auch nicht beweisen, dass es den Pumuckl  nicht gibt ...

GWUP: Sie wurden sowohl in der Sendung am 28.1.2004 als auch in der Folgesendung am 4.2.2004 als Trickzauberer mit Kommentaren eingeblendet. Wie kam es dazu und möchten Sie noch etwas ergänzen?
Hund: Dieser kleine Ausschnitt war das Ergebnis von 4,5 Stunden Dreharbeiten! Praktische Demonstrationen mit ausführlichem Interview zum ganzen "Phänomen Uri Geller". Was davon übrig blieb, kann ich nur als Feigenblatt-Farce bezeichnen! Unfair fand ich von der Redaktion, dass der von mir vorgeführte käufliche Löffelbiege-Trick (auf eine Art, die Geller mit Sicherheit nicht verwendet hat bzw. die er auch gar nicht verwenden muss) von der Stimme aus dem Off (= der Moderatorin) erklärt wurde, obwohl ich dies ausdrücklich nicht wollte bzw. obwohl ich mich geweigert hatte.

GWUP: Wieso haben Sie sich geweigert?
Hund: Es gehört zum selbstverständlichen Ehrenkodex der Zauberkünstler, dass so etwas unterbleiben soll. Daran halte ich mich auch. Seriös wäre es gewesen, wenn man den Kritikern wesentlich mehr Zeit und vor allem direkten Bezug auf die vorhergegangene Geller - Show gegeben hätte. Allein beim
Kompassnadelablenken in der ersten Sendung hätte ein kleiner zweiter Kompass sehr überzeugend gewirkt, den man sofort am Körper Gellers entlang geführt hätte. Ich bin mir sicher, dass sich die Nadel an einer bestimmten Stelle bewegt hätte - wenn Geller das überhaupt zugelassen hätte, was ich sehr bezweifle .... Man hat es ihm wieder einmal unglaublich leicht gemacht und es gelang dann auch dem gewieften Showmenschen perfekt, die gesamte Fernsehmannschaft zu faszinieren, zu paralysieren, Kontrollen mit seinem hektischen Herumstürmen unmöglich zu machen ...

GWUP: Ein Uhrmachermeister behauptete, dass eine kaputte Uhr zu laufen begann, obwohl ein wichtiges Teil fehlen würde, und die Uhr somit hätte gar nicht funktionieren können.
Hund: Interessant wäre gewesen, in der zweiten Sendung mal Genaueres über die angeblich völlig defekte Uhr (fehlendes Ankerteil) zu erfahren. Darauf wurde aber typischerweise nicht eingegangen. Wir müssen also nun auf die doch sicher in der nächsten Zeit erscheinenden, detailliert dokumentierten Artikel in Fachzeitschriften für Uhrmacher warten, in denen dieses Wunder beschrieben und diskutiert wird. Wenn es so war, wie es dargestellt wurde, muss das doch in diesen Kreisen höchste Aufmerksamkeit erregt haben!

GWUP: Wie erklären Sie sich den weltweiten Erfolg von Uri Geller?
Hund: Geller hat aus meiner Sicht die Bedeutung der weltweiten Medien für die persönliche Publicity erkannt. Es gelang ihm hervorragend, Journalisten zu instrumentalisieren, sie zu beeindrucken und zu begeistern. Überall gibt es von ihm verbogene Löffel, die in Ehren aufbewahrt werden, zusammen mit der (subjektiv verständlichen) Behauptung, dass dieser "mentale Kraftakt" selbstverständlich unter streng kontrollierten Bedingungen stattgefunden habe. Auch heute noch - oder vielmehr: erneut - ist er ein sehr sympathischer, bescheiden wirkender, von seiner "Kraft" überzeugender, weitgereister, anscheinend sehr vermögender Parasuperstar, ein mentaler Entertainer. Die zahllosen Entlarvungen überall in der Welt hatten offensichtlich keinen dauerhaften Erfolg. Der Literaturnobelpreisträger André Gide sagte einmal: "Alles ist schon mal gesagt worden. Da aber niemand zuhört, muss man es immer wieder aufs Neue sagen!"

GWUP: Welche Erklärungen gibt es noch für die beindruckenden Löffelverbiegungen von Uri Geller?
Hund: Es gibt nicht DIE Erklärung schlechthin. Stellen wir uns einmal vor, ich würde vorgeben, ein „mentaler“ Löffelbieger zu sein. Wie würde ich die Effekte bewirken können, ohne wirklich derartige Kräfte zu verfügen? Das kann einmal mit vorgebogenen Besteckteilen sein, die einem "Versuchsteilnehmer" forciert werden, ein anderes Mal dann wird der Löffel unter Krafteinwirkung und mit Ablenkung blitzschnell verbogen, zum dritten gibt es inzwischen eine ungeheure Vielfalt an Spezialgeräten, die von Zauberhändlern angeboten werden. Ich würde ferner mit Helfern arbeiteten, die mir versteckte Hilfestellung boten usw.

Immer dann, wenn die Bedingungen von Trickexperten kontrolliert wurden, versagten bei Uri Geller seine Kräfte, weil sinngemäß die negativen Schwingungen der Skeptiker seine PSI-Kräfte verhinderten. Die Alpen bestehen in Wirklichkeit ja auch aus Schokoladenpudding. Aber immer dann, wenn ein Skeptiker ein Stück abbeißen will, verwandeln sie sich blitzschnell in Stein! Seine Anhänger jedenfalls immunisieren sich ebenfalls selbst gegen Kritik: "Ja, heute waren seine PSI-Kräfte zugegebenermaßen leider so schwach, dass er – um seine Zuschauer nicht zu enttäuschen - zu Tricks Zuflucht nahm. Aber GESTERN, da war es echt ...!"

GWUP: Vielen Dank für das Gespräch Herr Hund

Die Fragen stellte Rouven Schäfer.

Rouven Schäfer

Literatur:


Mehr zu Uri Geller bei den Skeptikern: Einträge "Uri Geller", "Parapsychologie", "Okkultismus/Spiritismus" und "Wahrnehmungstäuschungen" in unserem Onlinelexikon sowie beim "Skeptical Dictionary".