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05.05.2013 (GWUP):   Dass Placebos vielerlei Symptome hervorrufen können, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Auch der Nocebo-Effekt, also negative Symptome, die nach der Einnahme von Placebos auftreten, ist gut belegt. Ob allein schon eine negative Berichterstattung zu Krankheitssymptomen führen kann, wurde nun von dem Psychologen Dr. Michael Witthöft von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zusammen mit britischen Kollegen untersucht. 

Vielerorts klagen sogenannte ,,Elektrosensible", also Menschen, die glauben, elektromagnetische Wellen von Handys oder Sendemasten spüren zu können, über Beschwerden. Das Problem hierbei ist: Unter wissenschaftlichen Kontrollbedingungen können die Betroffenen nicht unterscheiden, ob sie elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt sind oder nicht, wie Dr. Witthöft in einer Pressemitteilung  zur im Journal of Psychosomatic Research  veröffentlichten Studie erläutert. Wissenschaftlich sind keine gesundheitlichen Auswirkungen  der oft auch als ,,Elektrosmog" bezeichneten Felder belegt. Seiner Ansicht nach spricht vieles dafür, dass es sich hier um einen Nocebo-Effekt handelt. So wie Placebos Linderung bei Krankheitssymptomen bringen können, könne allein die Erwartung einer Schädigung Schmerzen oder Beschwerden auslösen. Allerdings bedarf es nicht einmal der Einnahme eines Scheinmedikaments. Wie der Wissenschaftler in der Untersuchung zeigen konnte, können schon kritische Medienberichte Nocebo-Symptome hervorrufen.

Zusammen mit einem seinem Kollegen Dr. G. James Rubin hatte er am King`s College in London 147 Personen getestet. Eine Gruppe bekam einen Dokumentarfilm der BBC zu sehen, in dem über vermeintliche Gesundheitsgefahren von Mobilfunkanlagen berichtet wurde. Eine zweite Gruppe bekam einen Beitrag über Datensicherheit zu sehen. Dann wurde den Studienteilnehmern suggeriert, sie würden  15 Minuten lang einem Wireless-LAN-Signal ausgesetzt. Prompt entwickelten 54 Prozent der Getesteten  negative Symptome wie Kribbeln in Armen und Beinen. Andere klagten über Konzentrationsstörungen, zwei Testpersonen brachen gar vorzeitig den Versuch ab. Diejenigen, die die kritische Reportage über die vermeintlichen Gefahren durch elektromagnetische Felder gesehen hatten, hatten deutlich stärkere Symptome. In Wirklichkeit waren die Testpersonen jedoch nur einem Scheinsignal ausgesetzt. Allein die Angst vor den Feldern hatte schon die Symptome bewirkt.

In der Pressemitteilung der Universität werden daher auch die  oft ,,reißerischen Medienberichte", denen jede wissenschaftliche Grundlage fehle, kritisiert. Allein die Suggestion von Gesundheitsgefahren könne nachhaltige Beschwerden und Ängste auslösen.  Daher müssten sich Wissenschaft und Medien darum bemühen, dass Berichte über Gesundheitsrisiken neuer Technologien  wahrheitsgetreu und nach bestem Wissensstand an die Öffentlichkeit gelangten.

Auch ,,Hoaxilla", der skeptische Podcast aus Hamburg, hat sich schon mit dem Thema beschäftigt. Die ,,Hoaxilla"-Macher Alexander und Alexa Waschkau sind übrigens auch beim Publikumstag der in dieser Woche beginnenden GWUP-Konferenz in Köln als Referenten vertreten. Kommen Sie doch vorbei!


Holger von Rybinski


Abstract zur Studie: Are media warnings about the adverse health effects of modern life self-fulfilling? An experimental study on idiopathic environmental intolerance attributed to electromagnetic fields (IEI-EMF). Veröffentlich im Journal of Psychosomatic Research, Volume 74, Issue 3 , Seiten 206-212, März 2013.