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06.10.2013 (GWUP):  Die ,, Elterninitiative zur Hilfe gegen seelische Abhängigkeit und religiösen Extremismus e.V. "  und die ,,Bayerische Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Kreise e.V.  (ADK)" stellen ihre aktuelle Broschüre vor, in der sie vor Sekten und dubiosen Therapien warnen.

Der Untertitel der 101 Seiten starken Broschüre, einer Dokumentation der Vereinsjahresfachtagung 2013, lautet ,,Wirkungsmechanismen in totalitären Organisationen sowie bei dubiosen Therapie-und Heilungsangeboten" und fasst eine Reihe von Artikeln zu neoreligiösen Bewegungen und anderen dubiosen Gruppen zusammen. Wolfgang Behnk, selbst Pfarrer und Beauftragter für Sekten und Weltanschauungsfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, beleuchtet die verschiedenen Gruppierungen, die ,,positives Denken" propagieren und damit suggerieren, allein positive Gedanken könnten schon die materielle Wirklichkeit verändern. Über die Wurzeln in der nordamerikanischen ,,Neugeist"-Bewegung schlägt Behnk den Bogen zu modernen, auch im deutschen Fernsehen zeitweise zu sehenden evangelikalen Fernsehpredigern bis hin zu fundamentalistischen Bewegungen, die behaupten, Krankheiten seien nur Folgen mangelnden Glaubens.

Der Diplom-Psychologe und Sektenspezialist Dieter Rohmann erläutert anhand von Fällen aus seiner Praxis, wie Menschen in Abhängigkeit zu totalitären Bewegungen geraten können und mit welchen Mechanismen Sekten Menschen mental ,,programmieren" können. Außerdem schildert er anhand seiner Erfahrungen von 30 Jahren Arbeit mit Kultaussteigern ,,verschiedene methodenübergreifende und themenzentrierte Modelle", mit denen man Menschen, die sich oft nach vielen Jahren aus derartigen Abhängigkeiten  befreien, helfen kann. Und benennt als einen Punkt das Fazit des in Belgien tätigen Psychologen Vassilis Saroglou: Zwischen religiösem Fundamentalismus und Humor besteht eine natürliche Unverträglichkeit!
Ein ehemaliges weibliches Mitglied der ,,Zeugen Jehovas" schildert, wie sie ihre Zeit in dieser religiösen Gemeinschaft erlebt hat, warum sie ihrer Ansicht nach über Jahre manipuliert wurde und warum sie sich nach 60 Jahren schließlich von der Gruppe gelöst hat. Ähnliches berichten zwei weitere Aussteiger.
Die Berichte über die ,,Sektenkinder von Lonnerstadt" lösten im vergangenen Jahr bundesweit ein breites Medienecho aus. Die Probleme, mit denen Kinder zu kämpfen haben, die in derartige neoreligiöse Gruppen hineingeboren werden, schildert ein zusätzlicher Text von Dieter Rohmann. Er beschreibt die gezielte Unterdrückung kindlicher Selbstwertgefühle und die Schwierigkeiten der Sektenkinder, soziale Kompetenz und Konfliktfähigkeit zu erwerben. Vervollständigt wird der Artikel durch einen Leitfaden des Bayerischen Jugendamtes, der zeigt, nach welchen Kriterien Sekten und Pychogruppen als kindeswohlgefährdend eingestuft werden können. Ein weiterer Beitrag, ,,Kind sein in Scientology", ergänzt die Berichte der vorhergehenden Autoren.

Anders als die Inhaltsangabe den Anschein erweckt, kommt die  Psychologin Heike Dierbach, Referentin bei der Kölner GWUP-Konferenz und  Autorin des Buches ,,Die Seelenpfuscher"  nicht selbst mit einem Beitrag zu Wort- Stattdessen wird  in einer Zusammenfassung ihres Vortrages zur Jahrestagung der Elterninitiative vor pseudowissenschaftlichen Psychotherapiemethoden wie ,,Rebirthing" oder ,,Reinkarnationstherapie" gewarnt.

Zwar verweist die Bröschüre der Arbeitsgemeinschaft, die unter www.sektenwatch.de weitere Informationen anbietet, relativ häufig auf schon etwas ältere Quellen. Nicht konfessionell Gebundene werden sich möglicherweise auch daran stören, dass manche der Autoren und Mitwirkenden selbst Geistliche sind. Insgesamt gibt die Broschüre, als PDF  und auf Anforderung in Papierform erhältlich, jedoch einen interessanten Überblick über zumindest einen Teil der derzeit aktiven neoreligiösen Bewegungen und bietet Informationen und Hilfe für diejenigen an, die sich von derartigen Gruppen lösen oder sich schlicht darüber informieren wollen.   


Holger von Rybinski