E-Mail für dich ...
Bernd Harder
Mehrere Millionen US-Dollar springen angeblich dabei raus. Alles, was man dafür tun muss: einem unbekannten „Geschäftsfreund" im Irak oder in Afrika einen kleinen Gefallen tun. Doch der interessante „business proposal" aus dem Internet ist in Wahrheit kriminelle AbzockeDie E-Mail kommt angeblich aus Nigeria oder Togo, Südafrika, Ghana, Sierra Leone, von der Elfenbeinküste oder neuerdings auch aus dem Irak. Laut Betreffzeile geht es um einen interessanten „Geschäftsvorschlag" (business proposal), ein „Investment" oder schlicht um eine „vertrauliche Angelegenheit". Sodann stellt sich ein seriös anmutender Mensch mit fremdländischem Namen vor, der in fehlerhaftem Englisch oder noch schlechterem Deutsch eine krimireife Geschichte erzählt: Irgendwo in Afrika oder im Nahen Osten habe es da einen Flugzeugabsturz gegeben, bei dem ein sehr vermögender Kunde einer dortigen Großbank ums Leben gekommen ist. Da keine Verwandten ausfindig gemacht werden konnten, droht das Kontoguthaben des Verstorbenen (meist eine Summe zwischen 15 und 25 Millionen US-Dollar) dem Staat anheim zu fallen. Das möchte der E-Mail-Schreiber verhindern, und deshalb suche er auf diesem Weg eine „zuverlässige und anständige Person" im Ausland. Der Deal: Der Empfänger der Nachricht soll sein Bankkonto für die Transaktion des Geldes zur Verfügung stellen. Als Belohnung erhalte er einen hohen prozentualen Anteil an dem Betrag. Konkret liest sich das zum Beispiel so (Grammatik, Rechtschreibung und Interpunktion originalgetreu):
‘ Von: AHMED DICKSON Betreff: GESCHÄFTSVORSCHLAG Zuerst muss ich Ihre Zuversicht in dieser Verhandlung bitten, dies ist auf Grund seiner lage als das Sein total VERTRAULICH und-GEHEIMNIS. Aber ich weiß, daß eine Verhandlung dieses Ausmaßes irgendeinen ängstlichen und besorgt machen wird, aber ich versichere Sie, dass aller Ordnung seien wird am Ende des Tages. Wir haben entschieden Sie durch E-mail wegen der Dringlichkeit dieser Verhandlung zu erreichen, als wir davon zuverlässig überzeugt worden sind von seiner Schnelligkeit und Vertraulichkeit. Lassen Sie mich zuerst Vorstellen. Ich bin Herr AHMED DICKSON ein rechnungspruefer bei der Union Bank Nigeria PLC, Lagos. Ich kam zu Ihrer Kontakt in meiner privaten Suchen für einezuverlässige und anständige Person, um eine sehr vertrauliche Verhandlung zu erledigen, die die Übertragung einer riesigen Summe von Geld zu einem fremden Konto, das maximale Zuversicht erfordert. DER VORSCHLAG: Ein Ausländer, Verstorbene Ingenieur Manfred Becker, ein Öl Händler Unternehmer mit dem Bundes Regierung von Nigeria. Er war bis seinen Tod vor drei Jahren in einem grässlichen Flugzeug absturz als Unternehmer bei der regierung tätig, Herr Becker war unser Kunde hier bei der Union Bank PLC., Lagos, und hatte ein schließlich kontohaben von USD$ 18.5M (Achtzehn Millionen, Fünf Hundert Tausend, US Dollar) welcher die Bank erwartet jetzt fraglos, durch seine Verwandten behaupten zu werden oder Andererseit wird den ganzemenge als nichtzubehaupten deklarieren und wird zu einem Afrikanischen Vetrauen-Fond für waffen und Munitionbesorgung bei einer der freiheitbewegung hier in Afrika gespendet wird. Leidenschaftliche wertvolle Anstrengungen werden durch die Union-Bank gemacht, um in Kontakt mit einem von der Becker Familie oder Verwandten festzustellen aber hat bis jetzt zu keinem Erfoelg gegeben. Es ist wegen der wahrgenommen Möglichkeit keiner Verwandte der Becker zu finden, (er hatte keine bekannte Frau und Kinder) daß das Management unter dem Einfluß dessen Sitzung Vorsitzender, General Kalu Uke Kalu (Ausgeschieden) der eine Anordnung für den Fond als NICHT ZUBEHAUPTEN deklariert werden sollte, und dann zum dem Vertrauen-Fond für Waffen und Munitionbesorgung ausgeben, die den Kurs von Krieg in Afrika infolgedessen gespendet werden. Um diese Negative-Entwicklung abzuwenden, ich und einige meiner bewährten Kollegen in der Bank haben abgeschlossen das geld nach ihrer zustimmung zu ueberweisen und suchen jetzt Ihre Erlaubnis damit Sie sich als der Verwandter der Verstorbene Engr. Manfred Becker deklarieren damit der Fond in der hoehe von USD$ 18,5M würden infolgedessen überwiesen werden und würden in Ihr Bank-Konto als der Nutznießer (Verwndter der Becker) gezahlt werden. Alles beurkunden und beweis Ihnen zu ermöglichen, diesen Fond zu behaupten werden wir zu ihrer Verfuegung stellen damit alles geklappt worden ist, und wir versichern Sie ein 100% Risiko freie Verwicklung. Ihr Anteil wäre 30% von der totalen Menge. 10% ist für Aufwendungen bei der ueberweisung bearbeitung beseite gesetzt worden, während der restliche 60% für mich und meine Kollegen für Anlagezwecke in Ihrem Land wäre. Wenn dieser Vorschlag bei Ihnen OK ist und Sie wünschen das Vertrauen ausnutzen, die wir hoffen, auf Ihnen und Ihrer Gesellschaft zu verleihen, dann netterweise senden Sie mir sofort über meinen E-mail adresse, Ihrem vertraulichsten Telefon nummer, Fax-nummer und ihrer vertrautlichen E-mail anschrift, damit ich zu Ihnen die relevanten Details dieser Verhandlung senden kann. Danke im voraus.
Im Prinzip keine ungeschickte Taktik: Außer Gier zu wecken, wird zugleich an die soziale Verantwortung des E-Mail-Empfängers appelliert. Wer kann schon wollen, dass einer der zahlreichen Kriege in Afrika weitere Nahrung in Form von Waffen- und Munitionskäufen erhält? Doch wer auf diesen „Geschäftsvorschlag" eingeht, verschafft sich weder ein gutes Gewissen noch ein Millionenvermögen. Denn hier geht es um kriminelle Machenschaften. Zwei Focus-Redakteure verfolgten die Angelegenheit weiter und stellten fest:
‘ „Nachdem die Deutschen ihr Interesse an einer derartigen Transaktion via E-Mail erkennen lassen, trifft prompt ein weiteres Mail auf dem PC ein - Betreff diesmal ,urgent'. Der Inhalt kann die Spannung leider nicht mehr steigern. Die Story wird erneut aufgewärmt, diesmal mit einigen weiteren Details ausgeschmückt ... Dann möchte der Bankmanager Fragen beantwortet haben: Alter, Familienstand, Beruf ... Noch am gleichen Tag folgt der ,Musterbrief‘ zur Anmeldung des Erbschaftsanspruchs bei der Union Bank Nigeria in Lagos. Der Deal tritt in die heiße Phase ein. Am Tag darauf geht die Anweisung ein, welche Papiere wie ausgefüllt (,Textmuster‘ werden mitgeliefert) an eine Anwaltskanzlei in Nigeria gehen sollen. Und auch die Kanzlei beweist Sinn für geschäftsmäßiges Tempo. Umgehend faxt sie nach Deutschland zurück: eine auszufüllende Vertretungsvollmacht und eine Kostennote. Angesichts der zu erwartenden Summe von 18,5 Millionen Dollar scheinen Gebühren von zunächst insgesamt 10 050 Dollar nicht zuviel."
Hier brachen die Journalisten die Sache ab. Aus vergleichbaren Fällen ist indes bekannt, wie das Ganze weitergegangen wäre: Die Überweisung des Millionen-Verm&öuml;gens verzögert sich immer wieder wegen diverser „Schwierigkeiten", die nur durch weitere Provisionszahlungen des deutschen „Geschäftspartners" zu beheben sind. Am Ende sind die Interessenten einem so genannten Vorschuss-Betrug (Advance Fee Fraud) aufgesessen. Alle gezahlten Beträge sind verloren, zu einer Übergabe des angeblichen Bankguthabens kommt es nie. „In letzter Zeit nimmt diese Betrugsform via Internet rapide zu", zitiert Focus Ralf Michelfelder vom bayerischen Landeskriminalamt (LKA). Der US-amerikanische Verbraucherverband „National Consumers League" will für das Vorjahr einen Anstieg der Zahl der „Nigeria"-Mails um 900 Prozent festgestellt haben. In dem afrikanischen Land selbst ermittelt mittlerweile die Regierung gegen die Betrüger. Das Bundeskriminalamt (BKA) rät Betroffenen, Strafanzeige beim Betrugsdezernat ihrer örtlichen Polizeidienststelle zu erstatten. Darüber hinaus sind der Polizei Fälle bekannt, in denen die Opfer der „Afrika-Connection" zu einem persönlichen Treffen nach Nigeria oder in ein anderes Land gelockt und dort gekidnappt oder gar ermordet wurden. Der Wirtschaftsprüfer Richard Lead aus Australien erklärte bei einem Vortrag zum „World Skeptics Congress" 2002 in Burbank/Kalifornien, etwa 20 Personen kämen jedes Jahr auf diese Weise zu Tode (vgl. Skeptiker 4/02, S. 163) In verschiedenen Variationen der Abzock-Mail geht es um ein unverhofft aufgetauchtes Familienvermögen, Lotteriegewinne, unterschlagene Firmengelder oder um Erbschaften, für die ebenfalls eine üppige Vorauszahlung gefordert wird.
‘ „Seit Sommer 2002 ist zunehmend eine Tendenz zu beobachten, dass die Täter sich von den klassischen Geschichten hin zu neuen Varianten orientieren, die speziell auf bestimmte Zielgruppen abgestimmt sind",
hat Frank Ziemann vom „Hoax-Info" der TU Berlin festgestellt:
„Dazu gehören Storys, die einen sehr gläubigen christlichen Hintergrund mit angeblich humanitären Absichten vortäuschen sollen ebenso wie vorgebliche Hinterlassenschaften von Flugzeugabstützen in aller Welt, einschließlich des Lockerbie-Attentats Ende 1998 in Schottland. Man ist sich offenbar dessen bewusst, dass beim Stichwort Nigeria bei einer zunehmenden Zahl von potenziellen Opfern die Alarmglocken schrillen."
Grundsätzlich gilt: Nie antworten! Löschen!
Infos
- www.tu-berlin.de/www/software/hoax.shtml
- www.crimes-of-persuasion.com
- www.fraud.org/tips/internet/nigerian.htm
- www.bka.de/text/hinweise/angebot.html
- Ein Diskussions- und Betroffenenforum ist eingerichtet worden bei: www.heise.de/newsticker/foren/go.shtml?list=1&forum_id=29941
Dieser Artikel erschien im "Skeptiker", Ausgabe 2/2003.