Bei der spontanen menschlichen Selbstentzündung (engl.: spontaneous human combustion, SHC) handelt es sich um eine moderne Sage, die auf der Fehlinterpretation von ungewöhnlich ablaufenden, tödlichen Brandunfällen beruht. Demnach soll es möglich sein, dass menschliche Körper aufgrund eines unbekannten oder anhand von esoterischen oder pseudophysikalischen Annahmen geforderten inneren Mechanismus in Flammen aufgehen. Tatsächlich werden in Innenräumen hin und wieder fast vollständig verbrannte Leichen aufgefunden, während die nächste Umgebung (z.B. Bett oder Sessel) lediglich minimale Brandspuren aufweist. In vielen Fällen sind nur einzelne Gliedmaßen der Opfer unversehrt, meist die Beine.
Da kein bekannter chemischer oder physikalischer Prozess zur unvermittelten Brandentwicklung innerhalb des Körpers führen kann, wurden verschiedene hochspekulative Erklärungsversuche für die angebliche „spontane Selbstentzündung“ angeführt, darunter Erdmagnetismus, elektrostatische Kräfte und die explosionsartige Entzündung von zelleigenem Wasserstoff und Sauerstoff in zerstörten Mitochondrien. Andere Theorien postulieren neue subatomare Teilchen (Pyrotone) oder führen das Feuer auf die Einwirkung eines Mikrowellengenerators (Maser) zurück.
Dennoch lassen sich die spektakulären Fotos von angeblichen SHC-Brandorten vollständig durch bekannte Mechanismen erklären. In allen dokumentierten Fällen befand sich eine Feuerquelle, etwa eine brennende Zigarette, Streichhölzer oder ein offener Kamin, in der Nähe. Bei den Opfern handelte es sich fast immer um altersschwache bzw. körperlich oder mental beeinträchtigte Personen, sehr oft spielten Alters-Erkrankungen (Parkinson, Demenz), Alkohol oder Betäubungsmittel (Schlaftabletten) eine Rolle. Da diese Personengruppe meist nicht in der Lage ist, kleine Brandherde auf der Kleidung zu löschen, kann sich das Feuer schnell ausbreiten. Bereits bei einer Temperatur von 60 °C verflüssigt sich das Unterhautfettgewebe, die Haut reißt auf und das flüssige Fett dringt in die Kleidung ein, wo es die Flamme über mehrere Stunden am Brennen hält (Docht-Effekt). Dabei breitet sich das Feuer und die Hitze hauptsächlich nach oben aus. Auf diese Weise kommt es zu einer allmählichen Verbrennung von bekleideten Körperteilen, während frei liegende Partien unversehrt bleiben.
Inge Hüsgen, Dr. Mark Benecke
Literatur:
- Benecke, M. (2000): Spontane menschliche Selbstentzündung. Ein Kriminalbiologe auf heißer Spur. In: Skeptiker 4/2000.
- Venezia (2000): X-Akte gelöst. Das FBI und der Mythos von der spontanen Selbstentzündung. Skeptiker 4/2000.
Stand 08.01.2009