Martin Mahner
Alle Jahre wieder testet die GWUP Personen, die glauben, paranormale Fähigkeiten zu besitzen. Vom 27. – 28. Juli 2009 war es wieder so weit. Drei Kandidaten stellten sich dem Test, der wie immer unter Leitung von Dr. Rainer Wolf am Biozentrum der Universität Würzburg stattfand.
Der erste Kandidat bat uns, anonym zu bleiben, sodass wir ihn Herrn M. nennen. Herr M. behauptete, er könne ein Blatt Papier telekinetisch bewegen. Dazu sollte ein Blatt Papier von der Größe DIN A4 auf die Spitze eines senkrecht montierten Kugelschreibers aufgelegt werden (s. Abb. 1).
Abb. 1: Herr M. versucht, das vor ihm balancierende Papier in Bewegung zu versetzen.
Offensichtlich handelt es sich hier um ein sehr störungsanfälliges Gleichgewicht, weshalb es nicht wunder nimmt, dass das Blatt durch die Luftströmungen im Kurssaal fast ständig Drehpendelbewegungen durchführte. Dabei waren die Fenster geschlossen und die Belüftungsanlage ausgeschaltet. Selbstverständlich ist ein solcher Test nur dann sinnvoll, wenn das Papier für längere Zeit ruhig in derselben Position bleibt. Dem luftdichten Abschluss durch Überstülpen eines großen Glasgefäßes hatte Herr M. anfangs nicht zugestimmt, weil das die „Verbindung zum Objekt“ beeinträchtige. Da er jedoch selbst merkte, dass ein Test bei einem derart strömungsempfindlichen Gegenstand wenig Sinn hat, stimmte er schließlich doch einigen Verbesserungen der Versuchsanordnung zu. So verbrachten wir den Ständer mit dem Papier in einen gläsernen Projektionsraum, der vom Kursraum abgeschlossen ist. Dort kam das Papier tatsächlich nach einiger Zeit zur Ruhe. Allerdings vermochte Herr M. nun nicht mehr, das Papier von außen in Bewegung zu versetzen. Daher bat er uns, die Tür des Projektraums einen Spalt zu öffnen, um eine „bessere Verbindung“ zu dem Papier zu haben. Es setzten jedoch sofort wieder Luftströmungen ein, sodass das Papier nicht die für einen Test erforderliche Ruhelage einnahm.
Als Nächstes besorgten wir ein Aquarium, das wir der Versuchsanordnung überstülpten. Dabei ließen wir unten 3 – 4 cm offen, sodass Herrn M. eine „Kontaktmöglichkeit“ mit dem Objekt verblieb. Auch in diesem Aquarium kam das Blatt Papier bald zur Ruhe, doch wiederum konnte es vom Kandidaten nicht in Bewegung versetzt werden. Um dem Kandidaten einen ungestörten „Kontakt“ zu verschaffen, wechselten wir schließlich noch die Örtlichkeit und begaben uns in einen kleinen Seminarraum, der keine Belüftungsanlage hatte. Alle Anwesenden trugen sogar einen Mundschutz, um Strömungen durch Ausatmen oder absichtliches Blasen auszuschließen. Trotzdem war auch hier das Papier nicht zur Ruhe zu bringen. Erst als wir seitlich und über der Versuchsanordnung Tische aufstellten, um die Konvektionsströmungen zu unterbrechen, kam das Papier zum Stillstand (Abb. 2).
Abb. 2: Der Ständer mit dem Papier wird durch einen Tisch von Luftströmungen abgeschirmt.
Auch diesmal vermochte der Kandidat nicht, das Papier in Bewegung zu versetzen. Kurzum: Dreimal gelang es, durch – keineswegs perfekte – Maßnahmen, das Papier von Luftströmungen abzuschirmen und dadurch ruhig zu lagern. In keinem dieser drei Fälle war Herrn M. in der Lage, das Papier in Bewegung zu versetzen. Es liegt also die Hypothese nahe, dass Herr M. der Selbsttäuschung unterliegt, er selbst sei die Ursache der natürlichen Bewegung eines Objekts, das sich in einem sehr empfindlichen Gleichgewicht befindet. Nach den langwierigen Präliminarien verzichtete er schließlich aus eigenem Antrieb darauf, zum eigentlichen Test anzutreten.
Ein Versuch mit der Wünschelrute
Am Nachmittag trat Wilton Kullmann – pensionierter Oberstudienrat, Komponist, Texter, Forscher, Erfinder, Buchautor, Radiästhet und Geistheiler – zum Test an (Abb. 3). Aufgrund seiner vielen Fähigkeiten hatte er sich freundlicherweise gleich zu zwei Tests bereiterklärt. Zum einen wollte er Wasser mit der Wünschelrute muten. Ein Becherglas, gefüllt mit etwa einem halben Liter Wasser, genügte dazu. Neun weitere Bechergläser blieben leer und alle wurden jeweils mit einem Handtuch abgedeckt. Zum anderen wollte Kullmann eine Walnuss muten.
Abb. 3: Wilton Kullmann beim Versuch, den unter einem Waschlappen verborgenen Malachit zu orten. Auf dem Tisch hinter ihm stehen die mit Handtüchern abgedeckten Bechergläser.
Die von uns angebotenen Schächtelchen zur Abdeckung waren aber für ihn aus radiästhetischen Gründen nicht akzeptabel. Er hatte zehn Waschlappen für diesen Zweck mitgebracht. Da eine Walnuss in einem Waschlappen jedoch eine durchaus beachtliche Ausbeulung hervorruft, und wir keine überzeugenden Attrappen fanden, war die Walnuss für uns als zu mutendes Objekt nicht akzeptabel. Kullmann fand jedoch in seinem mitgebrachten Kabinett strahlender Gegenstände einen relativ flachen MalachitStein, der sich als geeignet erwies. Die neun leeren Waschlappen, jeweils durch ein Stück Tafelkreide befüllt, waren ähnlich hoch. Die beiden Parallelversuche wurden nach dem 1:10-Verfahren durchgeführt. Das heißt, wir hatten auf einer Tischreihe jeweils zehn Bechergläser, davon nach dem Zufallsprinzip immer eines mit Wasser gefüllt, die anderen leer; auf der anderen zehn Waschlappen, von denen einer den MalachitStein verdeckte, die neun anderen ein Stückchen Tafelkreide. Wie üblich hätte Kullmann bei sieben von 13 Durchgängen Erfolg haben müssen, um diese erste Testphase zu bestehen. Sein Ergebnis: zwei Treffer beim Wasserversuch, einer beim Malachit-Versuch. Dies liegt im Rahmen der Zufallserwartung von 1,3 Treffern.
Wie viele Kandidaten zeigte sich Kullmann bei der Ergebnisoffenlegung zwar schockiert über sein schlechtes Abschneiden, blieb aber letztlich überzeugt von seinen Kräften und wollte sie uns nun gleich nochmals demonstrieren. Das erneute Vorführen einer zuvor gerade im Doppelblindtest gescheiterten Fähigkeit ist natürlich sinnlos, sodass wir dafür üblicherweise keine Zeit mehr aufwenden. In diesem Falle schien es aber angebracht, dem Kandidaten noch einmal vor Augen zu führen, dass er sich hinsichtlich seiner Fähigkeiten irrt. Eine Hagebutte strahle so positiv, meinte er, dass sie unzweifelhaft gemutet werden könne. Und auch die effektive Entstrahlung eines elektrischen Geräts wollte uns Kullmann „schnell noch“ demonstrieren. Rainer Wolf legte die Hagebutte also vor den Augen Kullmanns in ein Becherglas und deckte dieses mit einem Handtuch ab. Beim Herausziehen der Hand aus dem Becherglas behielt Wolf jedoch die Hagebutte nach Zauberermanier in der Hand, sodass das Becherglas leer blieb. Kullmann erhielt dennoch den angeblich typischen starken „Hagebutten-Ausschlag“ mit seiner Rute. Daneben stand eine Kaffeemaschine, deren Elektrosmog Kullmann nach Einschalten der Stromzufuhr muten wollte. Für dieses Experiment steckte Rainer Wolf vor Kullmanns Augen den Stecker in die Dose. In der Tat demonstrierte uns dieser zunächst den Rutenausschlag durch Elektrosmog und schirmte dann den vermeintlichen Elektrosmog mit einer seiner zahlreichen mitgebrachten Gerätschaften ab. Erst nach Entfernen des Abschirmgerätes schlug die Rute erwartungsgemäß wieder aus. Demonstration geglückt? Keineswegs: Rainer Wolf offenbarte schließlich, dass die Stromzufuhr der Kurstische zentral abgeschaltet war, weshalb die Kaffeemaschine also nie unter Strom gestanden hatte. Auch das Entfernen der Hagebutte wurde ihm erklärt. Kullmann hatte somit eine nicht vorhandene Hagebutte gemutet und Elektrosmog, den es nicht gab. Diese Erfahrung hat ihn doch einige Momente sprachlos zurückgelassen.
Belebtes Wasser
Am zweiten Testtag trat Johann Doppelhofer an, um Wasser zu muten, das er zuvor mit einem „Energetisator beleben“ wollte (Abb. 4). Er brachte dazu Einweg-Suppenschälchen aus Styropor mit, wie man sie bei Imbissen verwendet. Da deren Deckel ein Löchlein zum Druckausgleich haben, wurde über die Schälchen noch eine Papierserviette gelegt.
Abb. 4: Der von Johann Doppelhofer benutzte Aqua-Power Wasserenergetisator. |
Abb. 5: Johann Doppelhofer bei der Feinortung mit der Hand. |
Im 1:10-Versuch wurde eines nach dem Zufallsprinzip mit Wasser gefüllt, die anderen neun blieben leer. Doppelhofer schritt dann mit seinem Energetisator den langen Tisch mit den zehn Gefäßen ab. Dabei wurde das Schälchen mit dem Wasser seiner Aussage nach energetisiert, während die leeren Schälchen keinerlei Effekt zeigen. Erst danach erfolgte die Mutung des Wassers, zunächst mit einer Wünschelrute zur Grobortung, dann zur Feinortung mit Biotensor, Pendel oder einfach mit der Hand (Abb. 5). Das Ergebnis: Zwei Treffer. Doppelhofer ließ sich jedoch nicht entmutigen: Er hat angekündigt, nächstes Jahr noch einmal mit einem modifizierten Versuch anzutreten, bei dem er energetisiertes Wasser von normalem Wasser unterscheiden möchte.
Für die GWUP bleibt erfreulicherweise festzustellen, dass neben der Jahreskonferenz und den Prognosenauswertungen im Dezember nun auch die Psi-Tests auf regelmäßiges Medieninteresse stoßen. Dieses Jahr begleitete ein Team von Spiegel-TV sowie ein Wissenschaftsjournalist des Berliner Tagesspiegel die Tests. Letztes Jahr hatte der SWR eine 45-minütige Dokumentation erstellt, in denen die GWUPTests eine zentrale Rolle spielten.
Dr. Martin Mahner ist Leiter des Zentrums für Wissenschaft und kritisches Denken der GWUP. Seine Spezialgebiete sind Biophilosophie und Wissenschaftstheorie.
Dieser Artikel erschien im "Skeptiker", Ausgabe 3/2009.