Als Spiritismus (lat. spiritus, Geist, Seele, engl. spirit, Geist) bezeichnet man die Behauptung, dass die Seelen von Verstorbenen mit bestimmten Personen (Medien) kommunizieren können. Dies geschieht im Rahmen einer spiritistischen Sitzung (Séance). Blütezeit der Séancen war das späte 19. Jahrhundert. Séancen werden vom Medium in Begleitung weiterer Teilnehmer in einem abgedunkelten Raum abgehalten. Die angerufenen Geister sollen sich durch Bewegungen von Möbeln, durch Geräusche oder Stimmen und oft durch das wundersame Erscheinen von Gegenständen (Apporten) zu erkennen geben. Als weiterer Effekt wird das Heraustreten einer rätselhaften Substanz namens Ektoplasma aus Körperöffnungen des Mediums genannt. Die Rahmenbedingungen (Dunkelheit, Rotlicht, unzureichende Kontrollmöglichkeiten) erlauben jedoch reichlich Raum für passive Wahrnehmungstäuschungen auf Seiten der Teilnehmer und für aktive Taschenspielertricks durch das Medium. Tatsächlich wurde eine Reihe von Medien des Betrugs überführt, während umgekehrt kein einziger Beweis für authentische Kontakte mit dem Jenseits vorliegt.
Die Grundzüge des Spiritismus wurden von Allan Kardec (eigentl.: Hippolyte Rivail, 1804-1869) in fünf Büchern dargelegt. Zentrales Element ist die Seelenwanderungslehre, der zufolge Geister im Interesse ihrer spirituellen Höherentwicklung eine Reihe von Inkarnationen durchlaufen müssen. Unterstützend wirken dabei andere Geister, die bereits eine hohe Entwicklungsstufe erreicht haben, zu ihnen gehören nach Kardec Jesus und die Schutzengel. In weiten Teilen orientiert sich Kardecs Spiritismus am Christentum, wohingegen dieses seinerseits die Kommunikation mit Geistern verbietet. Kardec betrachtet Gott als Schöpfer der Welt und erkennt die Zehn Gebote als ethische Richtlinie an. Die Kommunikation mit Geistern soll nach seinem Verständnis nicht in erster Linie der Informationsbeschaffung, sondern der geistigen Höherentwicklung dienen.
Unter Okkultismus (lat. occultus, verborgen) verstand man ursprünglich ein System von geheimen Praktiken, die es Eingeweihten angeblich ermöglichten, mit einer verborgenen, dem Alltagserleben unzugänglichen Welt in Kontakt zu treten. Okkultismus kann als Teilbereich der Esoterik betrachtet werden, die Übergänge zu Spiritismus und Religion sind fließend. Durch seine Berufung auf „höhere Wahrheiten“ entzieht sich der Okkultismus als Weltanschauung jeder wissenschaftlichen Untersuchung. Die vielfach als Belege angeführten Effekte lassen sich jedoch ausnahmslos im Rahmen der bekannten Wissenschaften erklären. Beim Gläserrücken und Pendeln beispielsweise spielen unbewusste Bewegungen der Teilnehmer und psychische Automatismen eine entscheidende Rolle.
Der moderne Okkultismus geht auf Eliphas Lévi (eigentl. Alphonse Louis Constant, 1810-1875) zurück, hat jedoch etwa seit Anfang der 1970er Jahre den ursprünglichen Charakter einer Geheimlehre verloren. Instrumente wie Pendel, Runen, Tarotkarten und Ouija-Bretter werden im Handel angeboten, Anleitungen und Zaubersprüche in Jugend- und Frauenzeitschriften veröffentlicht. Kritiker weisen darauf hin, dass die Beschäftigung mit okkulten Praktiken besonders bei Jugendlichen zu schweren Angstzuständen und psychischer Abhängigkeit führen kann.
Inge Hüsgen, Wolfgang Hund
Links:
Quarks & Co.: Warum ein Pendel meistens Recht hat (Skript zur Sendung, PDF-Datei)
Literatur:
Harder, B. (2005): Geister, Gothics, Gabelbieger. 66 Antworten auf Fragwürdiges aus Esoterik und Okkultismus. Alibri, Aschaffenburg.
Hund, W. (2000): Falsche Geister – echte Schwindler? Esoterik und Okkultismus kritisch hinterfragt. Echter Verlag, Würzburg.
Walliss, J. (2002): Wissenschaftliche Verzauberung - Der US-amerikanische Spiritismus an der Schwelle zur Moderne. In: Skeptiker 2/2002, S. 61-67.
Stand: 15.03.2009