06.01.2017 (GWUP): Die amerikanische Psychologin Prof. Elizabeth Loftus wurde für ihre Arbeiten zum Phänomen der bei Menschen häufig auftretenden „falschen Erinnerungen" vielfach ausgezeichnet. Ein aktueller Vortrag an der University of Sydney ist nun als Podcast abrufbar.
Dass Erinnerungen trügen können, musste im US-Wahlkampf 2008 Hillary Clinton feststellen, als sie meinte, sich an einen gefährlichen Vorfall in den neunziger Jahren in Bosnien zu erinnern, der sich, wie sich später herausstellte, so nicht ereignet hatte. Die Erinnerung, so musste sie einräumen, hatte ihr einen Streich gespielt. Aber wussten Sie, dass man Menschen sogar Ereignisse einreden kann, die gar nicht stattgefunden haben, etwa, dass man als Kind eine Katze von einem Baum gerettet hat? Die Psychologin und Mathematikerin Elizabeth Loftus hat dieses Phänomen wissenschaftlich erforscht und Erstaunliches herausgefunden. In ihrem Vortrag „The Fiction of Memory", den sie auf Einladung der Universität von Sydney am 03. Januar 2017 gehalten hat, berichtet sie, wie schwierig Wahrheitsfindung aufgrund von Erinnerung sein kann und welche Rolle das von ihr viele Jahrzehnte lang erforschte „False Memory Syndrome" dabei spielt. So erzählt sie beispielsweise von einer in New York durchgeführten Untersuchung über 300 zu Unrecht Verurteilte, die nach bis zu 25 Jahren Haft wieder entlassen werden konnten, weil DNA-Tests ihre Unschuld belegt hatten. In zwei Dritteln dieser Fälle, so Loftus, waren falsche Beschuldigungen (und wohl auch falsche Erinnerungen) Grund für die Verurteilungen. Sogar zu falschen Geständnissen, von denen die in Wirklichkeit Unschuldigen später überzeugt sind, kann man Menschen durch Beeinflussung bringen. Diese und andere verblüffende Beispiele für Gedächtnismanipulation und -täuschung kann man in dem nun als Podcast zur Verfügung stehenden Vortrag hören, Dauer etwas über eine Stunde. 40 Jahre Forschung, so Loftus, hätten ihr gezeigt, nur weil jemand ein Ereignis detailliert, emotional und mit voller Überzeugung schildere, bedeute das noch nicht, dass dieses Ereignis wirklich stattgefunden habe.
Wer sich gründlicher mit diesem spannenden Thema befassen möchte, der sei auf das Buch „Das trügerische Gedächtnis" der Psychologin Julia Shaw verwiesen, das sich ganz aktuell damit befasst.
Holger von Rybinski