Inge Hüsgen
Das Museum für Völkerkunde in Hamburg, Veranstaltungsort der GWUP-Konferenz 2009.
Ein Hexenarchiv, Ritualgegenstände, wohin man sieht, und sogar ein Geister-Warnschild. Das Hamburger Museum für Völkerkunde war ein idealer Ort für die diesjährige GWUP-Konferenz. Dabei braucht man weder zu anderen Kulturen noch zurück in die Vergangenheit zu blicken, um von paranormalen Erlebnissen zu hören. Wer kennt beispielsweise nicht die Geschichte von der Uhr, die zum Todeszeitpunkt eines nahen Verwandten stehenblieb? Solche Anekdoten und Fälle standen im Mittelpunkt des populären Publikumstages, der am 21. Mai die dreitägige Konferenz eröffnete. Weit über hundert Besucher fanden den Weg in den holzgetäfelten Hörsaal an der Rothenbaumchaussee, um aus erster Hand zu erfahren, wie Wissenschaftler und Ermittler an das Übernatürliche herangehen, Titel der Veranstaltung: „Warum die Uhr stehenblieb, als Opa starb – Das Übersinnliche auf dem Prüfstand“. Mit dabei waren unter anderem Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke, der über einen Fall von „spontaner Selbstentzündung“ berichtete, und Massimo Polidoro aus Italien, der einzige hauptberufliche „paranormal investgiator“ Europas.
Falluntersucher unter sich: Massimo Polidoro und Mark Benecke |
Massimo Polidoro in Aktion |
Publikumstag auf dem Programm stand „Die Wahrheit bringt Heilung – ein ironisch wissenschaftliches Dings über die scheiß Esoterik“, eine Satire der beiden Wiener Künstler Anne Frütel und Jörg Wipplinger über Homöopathie, informiertes Wasser und „Bestellungen ans Universum“.
Anne Frütel mit ihrer... | ...esoterischen Hausapotheke. | Skeptischer Blick: Jörg Wipplinger |
„Ändere die Methode, bis deine Lieblingsthese stimmt“
Bitter ernst gemeint ist dagegen Folgendes: „Wenn unser Lieblingsphänomen sich mit den Mitteln der Wissenschaft nicht nachweisen lässt, dann müssen wir eben die Regeln des wissenschaftlichen Arbeitens ändern.“ Mit diesem schrägen Argument nehmen Vertreter von Parawissenschaften die seriöse Forschung ins Visier. „Change the Rules“ – so der Titel eines programmatischen Aufsatzes, den Robert G. Jahn und Brenda J. Dunne im Journal of Scientific Exploration veröffentlichten. Sie plädieren darin für nichts Geringeres als die Aufweichung wissenschaftlicher Qualitätsstandards. „Wissenschaft unter Beschuss“ hieß denn auch das Thema der Hauptkonferenz am Freitag und Samstag. Jahn und Dunne stehen nicht allein, so GWUP-Geschäftsführer Amardeo Sarma in seinem einführenden Vortrag: „Skeptische Methoden werden als ungültig für Parawissenschaften betrachtet – mit dem Argument, man müsse die Wissenschaften ‚erweitern’“. Umgekehrt deutet man Nicht-Wiederholbarkeit und das Schrumpfen von Effekten mit steigender Studien-Qualität zu genuinen Eigenschaften von Psi-Phänomenen um. Teile der Paramedizin können indes durchaus Erfolge verzeichnen, Marketing-Erfolge: Sie haben sich als „sanfte Alternative“ im Bewusstsein der Allgemeinheit verankert.
Dass dies keineswegs ein Gütesiegel darstellt, weiß Dr. Gerd Antes, Leiter des Deutschen Cochrane-Zentrums, nur zu gut. Auf die Frage: „Sind die Qualitätskriterien medizinischer Studien verhandelbar?“ antwortet er mit einem klaren Nein. Der gesellschaftliche Konsens sagt rein gar nichts über die Qualität einer Methode aus, Beispiel Aderlass. „Hunderttausende wurden professionell umgebracht, aber die Leute waren hochzufrieden.“
In weiteren Vorträgen stellten Dr. Ivo und Dr. Elisabeth Ponocny ihre Studie über Astrologie und Bevölkerungsstatistik vor, Prof. Wolfgang Hell sprach über subliminales (unterschwelliges) Lernen von nur scheinbar zufälligen Zahlenfolgen und Klaus Schmeh zeigte, wie parawissenschaftliche Code-Knacker versteckte Nachrichten finden, wo keine sind. In weiteren Vorträgen sprach Dr. Martin Mahner über Intelligent Design und Dr. Holm Hümmler entwirrte das Verschwörungsgeraune um die Anschläge vom 11. September. Mehr über die Themen der Konferenz lesen Sie in den kommenden Skeptiker-Ausgaben.
Mehr zur GWUP-Konferenz 2009 auf der Konferenzseite unter www.gwup.org.