Was ist Akupunktur?
Die skeptische Sicht
Akupunktur bezieht ihre Reputation mehr aus „Beliebtheit“ und einem Hang zu „fernöstlicher Weisheit“ als aus validen wissenschaftlichen Belegen. Ihr Status als „altes Wissen“ wird auch zu ihren Gunsten ins Feld geführt, was aber nicht mehr als ein Argumentum ad antiquitatem bzw. Argumentum ad verecundiam ist und außerdem verkennt, dass die Überlieferung lückenhaft, uneinheitlich und widersprüchlich ist. Selbst ihren Ruf als „fernöstliches Wissen“ hat die anthropologische, soziokulturelle und medizinhistorische Forschung stark relativiert.
Es gibt keinerlei Nachweis der Existenz von spezifischen Akupunkturpunkten und den „Meridianen“, Körperlinien, auf denen erstere liegen sollen. Demgemäß existiert auch keine einheitliche Lehre der Meridiane und Punkte. Da diese aber die Akupunktur als Methode definieren sollen, scheitert sie bereits an dieser diffusen Gemengelage, die jede Intersubjektivität vermissen lässt. Ein Übersichtsartikel zur Akupunktur (Colquhoun/Novella 2013) bezeichnet sie daher auch treffend als „Theatrical Placebo“, das seine Effekte soziokulturellen und – durchaus ausgeprägten - psychotropen Aspekten verdankt und nicht wissenschaftlicher Validität.
Was sagt die Forschung?
Es gibt viel klinische Forschung zur Akupunktur, die aber in der Gesamtschau keine überzeugende Evidenz liefern kann. Wie stets in der klinischen Forschung, liefert so manche Arbeit Belege, die für eine spezifische Wirksamkeit zu sprechen scheinen, teils wird dies auch in systematischen Reviews aufgezeigt. Neben der erwartbaren Rate falsch positiver Studien sind hier wiederum methodische Mängel verantwortlich. Es gibt Studiendesigns, die geradezu für die Akupunktur „entwickelt“ wurden, um Effekte aufzeigen zu können (sog. A vs. A+B-Designs).
Ein weiteres Problem der Evidenz sind die zahlreichen Studien aus China, denen in der Wissenschaft nur noch mit größter Zurückhaltung begegnet wird. Auffällig darin ist die enorme Rate ausschließlich positiver Ergebnisse, außerdem ist bekannt, dass sogenannte „Paper Mills“ eine Vielzahl von Studien „auf Bestellung“ produzieren. Dies ist dem enormen Publikationsdruck in China schon auf den unteren Karrierestufen des Wissenschaftsbetriebes ebenso geschuldet wie dem Umstand, dass China TCM (und Akupunktur) regelrecht als Exportartikel promotet, wobei negative Studien vermutlich eher ungern gesehen werden.
Erwartbar ist, dass sich die Evidenzlage – auch schwer zu untersuchender – Interventionen mit der Zeit verdichtet, sofern reale Effekte vorhanden sind. Dies ist bei der Akupunktur nicht der Fall. Im Kontext ihrer nicht validen Grundannahmen lässt dies nur das Urteil zu, dass reale spezifische Effekte der Akupunktur bislang nicht belastbar nachgewiesen sind.
Colquhoun / Novella (2013) bemerken hierzu, die zurückhaltendste Schlussfolgerung sei, dass es bei der Akupunktur kein Signal, sondern nur Rauschen gibt. Das sah auch der Gemeinsame Bundesausschuss nicht anders, als er 2006 Akupunktur als Kassenleistung für genau zwei Indikationen (Rücken- und Knieschmerzen) nur aufgrund eines Wirkungsvergleichs mit den damaligen Standards der Schmerztherapie freigab, ausdrücklich, ohne damit die Akupunktur als Methode anzuerkennen.
Weiterführende Links
Harriet Hall (The SkepDok) 2019: Is Acupuncture winning? Skeptical Inquirer, 43/1.
Paper Mills: China’s research-misconduct rules target ‘paper mills’ that churn out fake studies.
Edzard Ernst: And this is why we might as well forget about Chinese acupuncture trials (2014).
Ernst E, The recent history of Acupuncture. The American Journal of Medicine, Vol.121, 12 (2008).
Ernst E, Acupuncture – an update pf the most reliable evidende (3 Teile, 2020).