Die Würzburger Skeptiker
E-Mail-Verteiler der Würzburger Skeptiker
Die Bildung der Würzburger Regionalgruppe der GWUP wurden 1993 durch die Initiative von Dipl. Phys. Ralf Wambach ausgelöst. Er zog von Universitätsstadt zu Universitätsstadt und lud - in den lokalen Medien angekündigt - Menschen, die an einer krischen Aufklärung esoterischer Theorien und Praktiken interessiert waren, in irgend ein Gasthaus-Nebenzimmer ein. Seitdem hält der Organisator der Gruppe, Rainer Wolf, Privatdozent für Zoologie an der Universität Würzburg, halbjährlich öffentliche Veranstaltungen in den Hörsälen des Biozentrums am Hubland ab. Kompetente Referenten berichten dort über aktuelle Themen aus dem ganzen Bereich der Parawissenschaften: Esoterik, Okkultismus, Paramedizin und Aberglauben. Das Ziel ist, Handwerkzeug, oder besser Denkwerkzeuge zu vermitteln, Methoden aufzuzeigen, mit denen man unvoreingenommen prüfen kann, was an den Behauptungen "dran ist", um so zu einem eigenen, fundierten Urteil zu kommen. Alle Vorträge werden angekündigt im Universitätsbereich, in den lokalen Medien und durch Hunderte persönlicher Einladung an Interessierte, die sich auf Dr. Wolfs Verteilerliste aufnehmen ließen.
Die erste Veranstaltung war ein Experimentalvortrag von Rainer Wolf über "Sinnestäuschungen und New-Age-Esoterik: Aktuelle Parawissenschaften kritisch betrachtet", der im SKEPTIKER 4/1993 publiziert wurde. Es ging dabei um die dem Menschen angeborene Neigung zur "Credomanie" (Glaubsüchtigkeit), die in Verbindung mit einer unbewussten Wahrnehmungs-"Zensur" - dem Hauptforschungsgebiet des Referenten - die Neigung zu esoterischem Denken fördert. Diskutiert wurden vor allem Schlüsselexperimente, deren Ergebnisse esoterische Behauptungen widerlegen, und Rainer Wolfs Arbeitshypothese, dass paranormale Phänomene im wesentlichen auf Selbsttäuschungen beruhen.
Bei einem anderen Treffen ging es um "Hellsehen live": Eine erfahrene Würzburger Esoterikerin versuchte vor versammeltem Publikum (vergeblich), einen Bergkristall unter strengen Doppelblindbedingungen in einer Reihe verschlossener Gefäße zu orten. Dipl.-Theol. Fritz Flach berichtete anhand von Original-Tonbandmitschnitten über die erschütternden Szenen einer "Teufelsaustreibung: Der Fall Klingenberg".
Das vierte Treffen hatte das Thema "Hellsehen und Geisterstimmen". Kurt Riedel, Mitglied des Magischen Zirkels, verblüffte sein Publikum mit Mentalmagie-Demonstrationen. Er betonte, dass er mit Tricks arbeitete. Fazit: Erfahrene Berufsmagier sind bei der Aufklärung angeblich paranormaler Phänomene unentbehrlich. Danach demonstrierte Dipl.-Phys. Ralf Wambach an Tonbandbeispielen, dass wir fälschlicherweise das hören, was wir unbewusst zu hören erwarten, und dabei felsenfest überzeugt sind, uns nicht zu täuschen. Angebliche "Stimmen aus dem Jenseits" verdienen also größte Skepsis. Zu Beginn und Ende dieser Veranstaltung gab es eine schriftliche Umfrage bei den 200 Zuhörern. Sie konnten durch Ankreuzen der Alternativen a) "ja, ich bin ganz sicher", b) "ich glaube daran", c) "keine feste Meinung", d) "ich glaube nicht daran" und e) "ich bin ganz sicher, dass es das nicht gibt" Stellung nehmen zu drei Aussagen: (1) Es gibt zwischen Menschen echte Gedankenübertragung außerhalb der bekannten Sinneswahrnehmung, (2) Gelegentlich hören Menschen Stimmen aus dem Jenseits, und (3) Parapsychologische Phänomene sind nicht nur Einbildung. Manche grenzwissenschaftliche Erscheinungen sind real, z.B. der Einfluss der Sterne auf das Schicksal, Homöopathie, Geistheilung). Ergebnis: An Gedankenübertragung glaubten anfangs fast 50% der Frauen, aber nur 1/3 der Männer, und am Schluss waren es jeweils 10% weniger. Fast jede fünfte Frau glaubte anfangs an Stimmen aus dem Jenseits, aber nur jeder zehnte Mann. Die Zahl der "Gläubigen" nahm während des Abends fast um die Hälfte ab, die der "Ungläubigen" um etwa 10% zu. Knapp ein Viertel glaubte, dass gewisse grenzwissenschaftliche Phänomene real sind. Auch hier stieg die Zahl der Skeptiker um etwa 10%. Mindestens jeder Fünfte entpuppte sich als "dogmatisch" (Kategorie a oder e). Zu lernen war: Ein guter Skeptiker sollte nicht Dogmatiker sein!
1995 wurde ein Videomitschnitt des fesselnden Festvortrags "Science and the Chimera" (mit deutschen Untertexten) projiziert, den der international bekannte Zauberkünstler James Randi 1993 anlässlich der Verleihung des David und Betty Koetser-Preises an der Universität Zürich gehalten hat. 1996 sprachen die Dipl. Phys. Helmut Fink und Stephan Matthiesen über das Thema "Physik und Esoterik: Ist Platz für PSI-Phänomene in der Quantenwelt?". Sie diskutierten Grundlagen und Deutung der Quantenmechanik, Fritjof Capras "Tao der Physik" und das Verhältnis von Quantenmechanik und Parapsychologie. Der bekannte Trickexperte Wolfgang Hund hielt vor über 300 Besuchern den Experimentalvortrag "Alles fauler Zauber? Okkulte Phänomene - was steckt dahinter?". Er demonstrierte Telepathie und Telekinese live, deckte auf, wie im Fernsehen getrickst wird, ohne dass der Zuschauer es merkt, wie man den eigenen Herzschlag steuert, was das Pendel uns sagen kann, wie man Hellseher wird und welche Botschaften durch Gläserrücken übermittelt werden.
1997 referierte Rainer Wolf über "Erfolge der Homöopathie - nur ein Placebo-Effekt? Chancen und Risiken der Außenseitermedizin". Er diskutierte in Anwesenheit einiger Homöopathen die Vor- und Nachteile speziell der Homöopathie, deren Wirksamkeit über Placebo-Effekte hinaus in Doppelblindstudien immer noch nicht überzeugend nachgewiesen werden konnte. Im Mittelpunkt stand der oft missverstandene Placebo-Effekt: Ihn einzusetzen ist keine Scharlatanerie, er hilft nicht nur bei eingebildeten Krankheiten, er wirkt auch bei Patienten, die nicht an ihn glauben, selbst auch bei Kleinkindern und Tieren.
Skeptiker nehmen die Aussagen von Okkultisten beim Wort und versuchen, ihre Richtigkeit unvoreingenommen im Experiment zu prüfen. Denn im Zentrum wissenschaftlicher Erkenntnis steht nicht etwa der Sack voller gesammeltem "verstaubten Wissen", das von dogmatischen "Schulwissenschaftlern" gehütet und eifersüchtig gegen anders Denkende verteidigt wird; im Zentrum steht vielmehr die Methode, wie man unvoreingenommen, ohne sich dabei selbst zu täuschen, zu verlässlicher Erkenntnis gelangt. Nur so lässt sich entscheiden, ob eine Behauptung - auch wenn sie uns heute wissenschaftlich absurd erscheinen mag - stimmt, oder nicht.
So bieten wir ein Forum für Erfahrungs- und Informationsaustausch, einen Treffpunkt für Leute mit ähnlichen Interessen, die sich unter dem Eindruck überwältigender Dummheiten in der Welt des Okkultismus der Existenz einiger Individuen vergewissern möchten, die noch bei klarem Kopf sind. Rainer Wolf: "Ich glaube nicht an paranormale Phänomene. Nicht deshalb, weil die heutige Wissenschaft sie nicht erklären könnte, sondern weil ihre Existenz nicht belegt ist. Solche Skepsis hat nichts mit "materialistisch-mechanistischem Denken" zu tun - das hat die Wissenschaft längst überwunden. Wenn aber paranormale Thesen von unvoreingenommenen Forschern im Doppelblind-Test widerlegt worden sind, dann muss das allen, die keine Wissenschafts-Analphabeten sind, zu denken geben. Denn es gibt keinen unterschiedlichen Denkansatz, wenn man z.B. eine wissenschafts- oder eine alternativmedizinische Behandlung prüft. Es zählt allein die Frage: Wirkt sie besser als eine Placebo?
Aberglaube wird nicht dadurch wahrer, dass er sich 200 Jahre (wie die Homöopathie) oder gar Jahrtausende (wie Astrologie, Kinesiologie und Akupunktur) "bewährt" hat. Wer anderer Meinung ist und glaubt, etwas Paranormales nachweisen zu können, der wende sich an die James Randi Educational Foundation in Fort Lauderdale, Florida. Sie zahlt 1 Million Dollar, wenn man nachweist, dass hochpotenzierte Homöopathika, die keine Wirkstoffmoleküle mehr enthalten, über den Placebo-Effekt hinaus wirksam sind. Oder wenn es kinesiologisch gelingt, aufgrund der Armmuskelkraft zwei Fläschchen zu unterscheiden, die man in der Hand hält - eines gefüllt mit Wasser, das andere mit Giftlösung. Oder wenn ein Rutengänger fließendes Wasser oder "Erdstrahlen" feststellen kann...
Die Wissenschaft ist ein kostbarer, kollektiver Besitz der Menschheit, der schwer erkauft worden ist. Märtyrertum und Scheiterhaufen stehen unübersehbar am Weg. Für diesen Besitz, dessen Gültigkeit immer wieder vorurteilsfrei überprüft wurde, tragen wir große Verantwortung. Wenn es sich um Behauptungen handelt, die man testen kann, muss man daher die wissenschaftliche Methodik einsetzen, um zu klären, ob sie stimmen.
Dr. habil. Rainer Wolf, geb. 1941, studierte Biologie und Physik. Seit 1985 ist er Dozent am Biozentrum der Universität Würzburg. Forschungsschwerpunkte: Entwicklungsbiologie der Insekten sowie Psychophysik der menschlichen Wahrnehmung. Mitglied im Vorstand und im Wissenschaftsrat der GWUP
Liste bisheriger Veranstaltungen:
Die Links zeigen auf PDFs mit Vortragsbeschreibungen.
- Dr. habil. Rainer Wolf, Biozentrum der Universität Würzburg: Alternativmedizin und Parawissenschaften, Esoterik und Okkultismus - nichts als Selbsttäuschung und Aberglaube? (1994)
- Dr. habil. Rainer Wolf, Biozentrum der Universität Würzburg: Offener Diskussionsabend: Aktuelle Fragen zu Esoterik und Aberglauben (1994)
- Dr. habil. Rainer Wolf, Biozentrum der Universität Würzburg: Hellsehen live mit ALICE sowie Dipl.-Theol. Fritz Flach, Würzburg: Teufelsaustreibung: Wirklichkeit oder Wahn? Der Fall Klingenberg (1995)
- Kurt Riedel, Triefenstein und Dipl. Math. Ralf Wambach, Berlin: Hellsehen und Geisterstimmen (1995)
- Dr. Hans-Gerhard Stumpf, Pössneck: Gibt es Hellsehen, Telepathie, Psychokinese, Prophetie? (1996)
- James Randi, Fort Lauderdale / Zürich (Videofilm): Science and the Chimera (1996)
- Dipl. Phys. H. Fink und Dipl. Phys. S. Matthiesen, Universität Erlangen: Physik und Esoterik: Ist Platz für PSI-Phänomene in der Quantenwelt? (1997)
- Wolfgang Hund: Alles fauler Zauber? Okkulte Phänomene - was steckt dahinter? (1997)
- Dipl. Ing. Amardeo Sarma, Roßdorf: Wie sollten wir mit Parawissenschaften umgehen? (1998)
- Prof. Dr. med. Peter Kröling, Universität München: Gesundheitsgefahren durch "Elektrosmog"? (1998)
- Prof. Dr. Ernst Habermann, Universität Giessen: Vergiftet ohne Gift. Vom Schaden durch Nocebos (1999)
- Bernd Harder: Endzeiten, Wendezeiten: Nostradamus - geht am 11. August die Welt unter? (1999)
- Dr. Martin Mahner, Roßdorf: Sind Wissenschaft und Religion miteinander vereinbar? (2000)
- Prof. Dr. Walter Bongartz, Universität Konstanz: Hypnose - Effekte, Anwendung, Wirksamkeit (2000)
- Dr. Dr. Walter v. Lucadou, Freiburg: Parapsychologie - der Stand der wissenschaftlichen Forschung (2001)
- Dr. habil. Rainer Wolf, Würzburg: Was haben "Killerstrahlen" mit der Wiedererweckung von Toten zu tun? Ein Bericht über unsere Würzburger Tests von Rutengängern aus nah und fern (2001)
- 2002: Christian Zwingmann: Neue Religiöse Bewegungen: Möglichkeiten und Risiken: Sekten-Wesen und -Unwesen (180 KB)
- 2002: Jochen Bergmann, München: Nahrungsergänzungsmittel: Zwischen Lebens- und Wundermittel (151 KB)