Mit dem Begriff „Hexerei“ bezeichnet man schädliche interpersonelle Wirkungen, die – so der Glaube – ohne Verwendung natürlicher Hilfsmittel hervorgebracht werden.
Zu den Merkmalen der Hexe gehören der nächtlicher Flug, die Verwandlung in Tiergestalt und der Schadzauber. Seit dem 15. Jahrhundert ist in Europa der Glaube nachgewiesen, dass Hexen ihre Taten mit Hilfe des Teufels (Dämonenpakt) vollbringen. Die Forschung geht von einem Zusammenhang mit Missernten in Folge der „kleinen Eiszeit“ aus.
Grundlegend für die Hexenverfolgung der frühen Neuzeit war der „Hexenhammer“ (Malleus Maleficarum, 1486). In dieser Schrift nennt der Dominikaner Heinrich Kramer Regeln für die Verfolgung und Vernichtung vermeintlicher Hexen. Zu den Kennzeichen einer Hexe gehörten nach frühneuzeitlichem Verständnis: Schadzauber Hexenflug, Teilnahme am Hexensabbat, Teufelspakt und Geschlechtsverkehr mit dem Teufel (Teufelsbuhlschaft). Schwerpunkt der Hexenverfolgungen war das deutschsprachige Mitteleuropa. Nach Schätzungen von Historikern wurden 50- bis 60 000 Personen hingerichtet, drei Viertel davon Frauen, häufig im mittleren oder fortgeschrittenen Alter und sozial Benachteiligte. Die Anklage erfolgte oft aufgrund von Denunziation. Weil die Rechtsordnung für die Verurteilung ein Geständnis verlangte, wurden die Angeklagten im Verlauf des Verhörs nicht selten gefoltert, als Strafe war die Verbrennung auf dem Scheiterhaufen vorgesehen. Im Jahr 1682 untersagte der französische König die Hexenverfolgung, dennoch kam es bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts zu Hexenjagden. Die wohl letzte legale Hinrichtung einer verurteilten „Hexe“ auf europäischem Boden fand 1782 im Schweizer Kanton Glarus statt. Einen Wendepunkt in der Hexen-Rezeption markiert das Buch „The Witch-Cult in Western Europe“, verfasst von der britischen Anthropologin Margaret Murray (1921), das eine kontinuierliche heidnische Tradition von der Jungsteinzeit bis ins späte Mittelalter behauptet.
Während die religionshistorische Forschung Murrays Thesen als unhaltbar verworfen hat, wurde ihre Charakterisierung des Hexenkults maßgeblich für die entstehenden neuheidnischen Naturreligionen. Als zentrale Elemente nennt Murray Emanzipation der Frau, sexuelle Selbstbestimmung und Aufbegehren gegen kirchliche Autoritäten. In diesem Kontext kam es zu einer positiven Umdeutung der Hexe, indem die historischen Hexenverfolgung fälschlich als Maßnahme der (patriarchalen) Obrigkeit von Kirche und Gelehrten gegen „weise“, naturheilkundige Frauen interpretiert wurde. Moderne heidnische Naturreligionen knüpfen an diese Lesart an.
Inge Hüsgen, Dr. Stephan Bachter
Links:
- Hexenarchiv im Völkerkundemuseum Hamburg
- Portal für geschichtswissenschaftliche Informationen im Internet
- Volltext von Margaret Murrays The Witch-Cult in Western Europe beim Projekt Gutenberg
Literatur:
- Behringer, W. (Hrsg., 2000): Hexen und Hexenprozesse in Deutschland. Beck, München.
- Hutton, R. (1991): The Pagan Religions of the Ancient British Isles. Their Nature and Legacy. Blackwell Publishers Ltd., Oxford.
- Hutton, R. (1999): The Triumph of the Moon: A History of Modern Pagan Witchcraft. Oxford University Press, Oxford.
- Kramer, H. (Autor), Behringer, W.; Jerouschek, G.; Tschacher, W. (Hrsg.) (2000): Der Hexenhammer. Kommentierte Neuübersetzung, dtv, München.
Stand: 15.03.2009