Wie ich einmal die Aloe-Vera-Verkäufer aufgemischt habe
Vor einiger Zeit frage mich eine Freundin, ob ich nicht Lust hätte, an einem Informationsabend über Aloe-Vera-Produkte teilzunehmen.
„Na klar“, sagte ich, denn ich sagte so schnell nie nein, wenn sie mich um etwas bat.
Der Abend fand statt in den Räumen einer Heilpraktikerpraxis in West-Berlin, Nähe Ku’damm. Gemischtes Publikum, viele Pärchen im mittleren Alter, insgesamt aber ein deutlicher Frauenüberschuss.
Motivation mit Desinfektionsmittel |
Es begrüßte uns ein freundlicher Herr, ebenfalls mittleren Alters und führte uns als Einstieg, quasi in der Motivationsphase, ein kleines Experiment vor. Er hatte ein Glas Wasser und eines dieser grünen kleinen Plastikfläschchen aus der Apotheke, die Desinfektionsmittel auf Jodbasis enthalten. Viele haben das im häuslichen Erste-Hilfe-Schränkchen.
Und er ließ die braunen Tropfen in das Wasserglas tropfen, er rührte um, und das Wasser wurde dunkler und dunkler. Dazu erzählte er folgende Geschichte.
Eigentlich könnte alles ganz schön sein, ... wären da nicht ... |
... der Streß mit dem Chef ... |
... ein widerborstiges Ehegesponst ... |
... die Kinder wollen Turnschuhe für 200 Euro ... | ... in Berlin fallen pro Tag 10 Tonnen Hundekot an ... |
und derlei Aufreger, die uns den Alltag trüben.
Ich fand den Mann sympathisch, und er hatte gute Entertainer-Qualitäten. Wir alle konnten uns lebhaft vorstellen, wie wir selber durch Stress, Anstrengung, Hektik, Zukunftsangst innerlich immer schwärzer wurden. – Aber, so wurde uns eröffnet, es gebe eine Lösung, und die Lösung heiße Aloe Vera.
Er hatte ein Milchkännchen mit einem Getränk auf Aloe-Vera-Basis bei sich, gab die Soße in das Glas mit all unseren Sorgen und Schulden, rührte um, und alles war wieder klar. Glück gehabt. Getrunken hat er die Mixtur übrigens nicht. Hätte er mal, ist gut für die Schilddrüse.
Grrr, ärgerlich. Man sollte immer eine Vitamin-C-Tablette vom Aldi bei sich tragen, dachte ich bei mir. Hätte das gleiche gemacht, auch ganz ohne Aloe Vera. Und der gezeigte Effekt beruht sicher nicht auf Aloe Vera, es ist einfach ein chemisches Spielchen. Den Versuch kann jeder Zuhause selber durchführen.
Benötigt werden Betaisodona-Lösung und eine Vitamin-C-Tablette | Beides wird in Wasser aufgelöst | Vitamin C wird dann schluckweise zur Jodlösung gegeben | Und innerhalb weniger Sekunden ... | ... ist alles wieder klar. |
Hier das ganze noch mal im bewegten Bild
Die Sache beruht darauf, dass das Aloe-Vera-Produkt Vitamin C enthält. Vitamin C ist ein starkes Reduktionsmittel, das die braunen Jodmoleküle in farbloses Jodid reduziert. |
Aloe Vera -gut gegen alles? |
Wir lernten, wo die Aloe Vera wächst und wie sie verarbeitet wird. Wenn ich es recht in Erinnerung habe, wird die Pflanze auf den Kanarischen Inseln geerntet. Auffällig war, dass man sich bemühte, in diesem Zusammenhang von „Manufaktur“ zu sprechen. Ich vermute, um den Eindruck zu vermeiden, dass es sich um ein industriell gefertigtes Produkt handelt.
Irgendwann war Pause und man kam miteinander ins Gespräch. Ich schaute mir die Etiketten der Pillenverpackung genauer an. Ordentliche Leute sind das, dachte ich bei mir, alles säuberlich beschriftet und aufgelistet. Wozu gibt es sonst Vorschriften?
Ich hielt eine Aloe-Vera-Pillendose in der Hand.
„Hier steht drauf, dass darin Vitamin C enthalten ist“, fragte ich, zugegeben, etwas scheinheilig, „wo kommt denn das Vitamin C her und da rein?“
Chemie = böse - Natur = gut |
„Mmmh, aus Zitrusfrüchten!“, sagte meine Aloe-Vera-Exegetin nach kurzem Überlegen.
„Klar, kann man machen. Man nehme eine Tonne Zitronen, presse die aus, dann hat man 500 Gramm Vitamin C, und der Rest ist Zitronenmatsche. Ich sage Ihnen, das macht kein Mensch, es ist zu energieaufwändig, zu hoher Wasserverbrauch, zu viel CO2-Ausstoß, also einfach indiskutabel. Stattdessen erhalten wir das Vitamin C aus der chemischen Fabrik. Es wird dort in einem mehrstufigen Prozess aus Traubenzucker hergestellt.“
Nein, das hier vorliegende Vitamin C stamme nicht aus der Fabrik, es sei „natürliches Vitamin C“. Ich entgegnete, dass man zwischen dem Fabrik-Vitamin C und dem natürlichen nicht unterscheiden könne. Aber mein Einwand fiel nicht auf fruchtbaren Boden. Ich spürte, dass die Stimmung umzukippen drohte. Hätte ich jetzt ein Röhrchen mit Aldi-Vitamin-C aus der Tasche gezogen, hätten sie mich wahrscheinlich rausgeschmissen.
An dem Thema war jedenfalls weiter kein Blumentopf zu gewinnen, also weiter in der Liste auf dem Etikett.
„Wo bekommen wir denn das hier her: Magnesiumstearat?“ – Ein oft verwendeter Füllstoff in Tabletten, auch in solchen, die man in der Apotheke bekommt.
„Ich gebe zu, das ist ein bisschen schwierig. Man kennt diesen Stoff nicht so sehr im Alltag. Ich sag’s Ihnen, das Magnesiumstearat bekommen wir aus dem Erdöl.“
Aber irgendwie war den Damen auch das Erdöl nicht gut genug. Zu schwarz, zu schmutzig, zu sehr Tankstelle, zu sehr Ölpest, zu viele verklebte Vögel, wer will damit schon zu tun haben?
„Was wollen Sie, Erdöl ist ein reines Naturprodukt!“
Aber Natur ist nicht gleich Natur, es gibt offenbar saubere Natur und Natur, von der man sich besser fern hält.
So auch die Sache mit dem Aluminium. Aluminium sei allgemein auch sehr schädlich, ging die Rede. Aluminium sei aber in essigsaurer Tonerde „pfundweise“ vorhanden, warf ich ein, hinterlistig. Ich wusste, dass essigsaure Tonerde in derlei Zirkeln recht beliebt ist und gerne auch innerlich angewendet wird. Aber ich wurde mit der Aussage abgebügelt, es handele sich in der Tonerde um „kristallines Aluminium“ und sei deshalb unschädlich.
Ich galt fürderhin als „verbrannt“, mit Leuten wir mir war in diesen Kreisen kein Staat zu machen, und man wandte sich meiner Begleiterin zu, mit der Frage, ob sie denn wenigstens „offen“ sei.
Das ganze war eine Verkaufsschau. – Wie viele Produkte dieser Art werden auch Aloe-Vera-Erzeugnisse häufig über MLM verkauft, auch Netzwerk-Marketing oder „multi-level-marketing“ genannt. Es beruht darauf, dass im Bekanntenkreis und über Aushänge, Handzettel ständig neue Vertriebler aufgespürt werden sollen. Eine Art Schneeballsystem, in dem es diejenigen, die die Lawine losgetreten haben, relativ leicht, diejenigen am unteren Ende relativ schwer haben.
Um im praktischen Beispiel zu bleiben, hätte ich dann Bekannten, Berufskollegen und GWUP-Vereinskollegen Aloe-Vera-Creme andienen müssen. Wollte ich aber nicht. - Lö -
Wußten Sie, was eine "Ja-Nein-Runde" ist?
Hören Sie selbst, klicken Sie auf das Bild.
mp3-Datei, 371 kB, 23 Sekunden.
Diese Stelle stammt aus der ZDF-Reportage
Karten, Pendel, Horoskope - Echte Lebenshilfe oder nur Geschäft? vom 11. Januar 2009, ZDF, 18:30 bis 19:00 Uhr,
von Bettina Pohlmann und Sylvia Nagel.
Es handelt sich um ein Bild- und Tonzitat nach § 51 UrhG.
Das vollständige Video befindet sich in der ZDF-Mediathek.
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Der Zapper nach Hulda R. Clark
Gibt man bei Ebay den Suchbegriff Zapper ein, so erhält man Links auf TV-Fernbedienungen aber auch auch auf Zapper nach Clark. Es handelt sich dabei um elektronische Geräte im Zigarettenschachtelformat, aus denen zwei Elektroden herauslugen. Über die Elektroden wird der Nutzer mit hochfrequenter Wechselspannung im Niedervoltbereich versorgt. Nach ihrer Erfinderin Hulda Clark werden Alltagswehwehchen, aber auch Krebs kann mit dem Gerät weggezappt, denn
Krebs ist oft deshalb so einfach zu heilen, weil seine Ursachen Parasiten sind.
Parasiten und Chemikalien sind für Hulda Clark die Wurzel aller Krankheiten. Als Krebsparasiten will sie den Großen Darmegel (fasciolopis buski, den gibt's wirklich) identfiziert haben. Die Regionalgruppe Berlin wird sich in den kommenden Monaten mit dem Zapper näher beschäftigen. Inzwischen verkaufen sich die Zapper bei Ebay ganz gut:
- Der einfache Zapper zum In-die-Hände-nehmen
- Es gibt auch Zapper für Zähne
- Ein hoher Preis trägt zum Heilerfolg bei, vertrauen Sie nicht billigen Zappern, weiß ein Nutzer in diesem Erfahrungsbericht
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zuletzt geändert am 17. April 2010.
Wie ich einmal die Aloe-Vera-Verkäufer aufgemischt habe.
Es muss so ungefähr Ende 2004 gewesen sein, als ich mich meine damalige Freundin ansprach, ob ich nicht Lust hätte, an einem Informationsabend über Aloe-Vera-Produkte teilzunehmen.
„Na klar“, sagte ich, denn ich sagte so schnell nie nein, wenn sie mich um etwas bat.
Der Abend fand statt in den Räumen einer Heilpraktikerpraxis in West-Berlin, Nähe Ku’damm. Gemischtes Publikum, viele Pärchen im mittleren Alter, insgesamt aber ein deutlicher Frauenüberschuss.
Es begrüßte uns ein freundlicher Herr, ebenfalls mittleren Alters und führte uns als Einstieg, quasi in der Motivationsphase, ein kleines Experiment vor. Er hatte ein Glas Wasser und eines dieser grünen kleinen Plastikfläschchen aus der Apotheke, die Desinfektionsmittel auf Jodbasis enthalten. Viele haben das im häuslichen Erste-Hilfe-Schränkchen.
Und er ließ die braunen Tropfen in das Wasserglas tropfen, er rührte um, und das Wasser wurde dunkler und dunkler. Dazu erzählte er folgende Geschichte
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Ich fand den Mann sympathisch, und er hatte gute Entertainer-Qualitäten. Wir alle konnten uns lebhaft vorstellen, wie wir selber durch Stress, Anstrengung, Hektik, Zukunftsangst innerlich immer schwärzer wurden. – Aber, so wurde uns eröffnet, es gebe eine Lösung, und die Lösung heiße Aloe Vera.
Er hatte ein Milchkännchen mit Aloe-Vera-Soße bei sich, gab die Soße in das Glas mit all unseren Sorgen und Schulden, rührte um, und alles war wieder klar. Glück gehabt. Getrunken hat er die Mixtur übrigens nicht. Hätte er mal, ist gut für die Schilddrüse.
Grrr, ärgerlich. Man sollte immer eine Vitamin-C-Tablette vom Aldi bei sich tragen. Hätte das gleiche gemacht, auch ganz ohne Aloe Vera. Und der gezeigte Effekt beruht sicher nicht auf Aloe Vera, es ist einfach ein chemisches Spielchen. Den Versuch kann jeder Zuhause selber durchführen.
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Widerborstiges Ehegesponst |
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Und es ging weiter mit Aloe Vera, rauf und runter.
Die Dankesschreiben. Briefe im Original von geheilten Menschen. Wir lernen: Aloe Vera ist eigentlich gegen alles gut. Auch gegen Rückenschmerzen. Keiner wird abstreiten, dass Aloe Vera eine Heilpflanze ist oder dass es überhaupt Heilpflanzen gibt, aber eine gegen alles – das scheint mir dann doch übertrieben.
Wir lernten, wo die Aloe Vera wächst und wie sie verarbeitet wird. Wenn ich es recht in Erinnerung habe, wird die Pflanze auf den Kanarischen Inseln geerntet und verarbeitet.
Auffällig war, dass man sich bemühte, in diesem Zusammenhang von „Manufaktur“ zu sprechen. Ich vermute, um den Eindruck zu vermeiden, dass es sich um ein industriell gefertigtes Produkt handelt.
Irgendwann war Pause und man kam miteinander ins Gespräch. Ich schaute mir die Etiketten der Pillenverpackung genauer an. Ordentliche Leute sind das, dachte ich bei mir, alles säuberlich beschriftet und aufgelistet. Wozu gibt es sonst Vorschriften?
Ich hielt eine Aloe-Vera-Pillendose in der Hand.
„Hier steht drauf, dass darin Vitamin C enthalten ist“, fragte ich, zugegeben, etwas scheinheilig, „wo kommt denn das Vitamin C her und da rein?“
„Mmmh, aus Zitrusfrüchten!“, sagte meine Aloe-Vera-Exegetin nach kurzem Überlegen.
„Klar, kann man machen. Man nehme eine Tonne Zitronen, presse die aus, dann hat man 500 Gramm Vitamin C, und der Rest ist Zitronenmatsche. Ich sage Ihnen, das macht kein Mensch, es ist zu energieaufwändig, zu hoher Wasserverbrauch, zu viel CO2-Ausstoß, also einfach indiskutabel. Stattdessen erhalten wir das Vitamin C aus der chemischen Fabrik. Es wird dort in einem mehrstufigen Prozess aus Traubenzucker hergestellt.“
Wahrscheinlich war es das Stichwort „chemische Fabrik“, das meine Gesprächspartnerinnen in helle Aufregung versetzte. Hätte ich mal „Manufaktur“ gesagt.
Nein, das hier vorliegende Vitamin C stamme nicht aus der Fabrik, es sei „natürliches Vitamin C“. Ich entgegnete, dass man zwischen dem Fabrik-Vitamin C und dem natürlichen nicht unterscheiden könne. Aber mein Einwand fiel nicht auf fruchtbaren Boden. Ich spürte, dass die Stimmung umzukippen drohte. Hätte ich jetzt mein Röhrchen mit Aldi-Vitamin-C aus der Tasche gezogen, hätten sie mich wahrscheinlich rausgeschmissen.
An dem Thema war jedenfalls weiter kein Blumentopf zu gewinnen, also weiter in der Liste auf dem Etikett.
„Wo bekommen wir denn das hier her: Magnesiumstearat?“ – Ein oft verwendeter Füllstoff in Tabletten, auch in solchen, die man in der Apotheke bekommt.
„Ich gebe zu, das ist ein bisschen schwierig. Man kennt diesen Stoff nicht so sehr im Alltag. Ich sag’s Ihnen, das Magnesiumstearat bekommen wir aus dem Erdöl.“
Aber irgendwie war den Damen auch das Erdöl nicht gut genug. Zu schwarz, zu schmutzig, zu sehr Tankstelle, zu sehr Ölpest, zu viele verklebte Vögel, wer will damit schon zu tun haben?
„Was wollen Sie, Erdöl ist ein reines Naturprodukt!“
Aber Natur ist nicht gleich Natur, es gibt offenbar saubere Natur und Natur, von der man sich besser fern hält.
So auch die Sache mit dem Aluminium. Aluminium sei allgemein auch sehr schädlich, ging die Rede. Aluminium sei aber in essigsaurer Tonerde „pfundweise“ vorhanden, warf ich ein, hinterlistig. Ich wusste, dass essigsaure Tonerde in derlei Zirkeln recht beliebt ist und gerne auch innerlich angewendet wird. Aber ich wurde mit der Aussage abgebügelt, es handele sich in der Tonerde um „kristallines Aluminium“ und sei deshalb unschädlich.
Ich galt fürderhin als „verbrannt“, mit Leuten wir mir war in diesen Kreisen kein Staat zu machen, und man wandte sich meiner Begleiterin zu, mit der Frage, ob sie denn wenigstens „offen“ sei.
Das ganze war eine Verkaufsschau, natürlich, warum auch nicht? – Wie viele Produkte dieser Art werden auch Aloe-Vera-Erzeugnisse häufig über MLM verkauft, auch Netzwerk-Marketing oder „multi-level-marketing“ genannt. Es beruht darauf, dass im Bekanntenkreis und über Aushänge, Handzettel ständig neue Vertriebler aufgespürt werden sollen.
Um im praktischen Beispiel zu bleiben, hätte ich dann Bekannten, Berufskollegen und GWUP-Vereinskollegen Aloe-Vera-Creme andienen müssen.